Sie kommen aus Kiew, Charkiw oder Odessa. Seit Monaten leben sie nach ihrer Flucht aus der Ukraine in Hanau. Ein Fixpunkt in ihrem Leben hier war von Juni bis Anfang November der Erstorientierungskurs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), organisiert von der VHS Hanau. Die Heraeus Bildungsstiftung stellte dafür ihr Haus zur Verfügung und unterstützte bei den Kosten für den öffentlichen Nahverkehr. Jetzt endet der Kurs und die Frauen nehmen einiges mit: von Sprachkenntnissen bis hin zu Einblicken in den Alltag in Deutschland.
17 Ukrainerinnen gehörten zur Gruppe, die Kursleiter Dr. Tobias Angert begleitete und unterrichtete. Dr. Judith Lechner, Programmleiterin der VHS Hanau, war für die Durchführung des Kurses verantwortlich. Die Frauen kannten sich vorher nicht, lebten in verschiedenen Städten in der Ukraine und und arbeiteten in unterschiedlichen Berufen, von der Verkäuferin bis zur Rechtsanwältin. Gemeinsam haben sie ihr Heimatland, ihre Sprache, die Kriegs- und Fluchterfahrung und jetzt auch ihr Ankommen in Deutschland.
Der Erstorientierungskurs soll genau an dieser Stelle helfen: beim Zurechtfinden in dieser neuen Lebenssituation. Inhalte waren Grundkenntnisse der deutschen Sprache, Einblicke in den hiesigen Alltag von der Benutzung des ÖPNV bis hin zur Mülltrennung, die Arbeits- und Schulwelt, das Gesundheitssystem, aber auch eine Einführung in Werte und Gebräuche. Lebendig wurden Traditionen und Geschichte bei den Ausflügen, die Tobias Angert mit der Gruppe unternahm: beim Kochen von „Rippchen mit Kraut“ oder beim Schlendern durch den Klostergarten in Seligenstadt. „Ich habe versucht, für die Frauen mit dem Kurs eine kleine Insel in ihrer schwierigen Lebenssituation zu schaffen, gemeinsam, trotz allem, eine gute Zeit zu haben“, so Kursleiter Angert. „Das schöne Stiftungshaus und der herrliche Garten waren dabei viel wert.“
Fragt man die Gruppe nach Unterschieden zwischen dem Leben in der Ukraine und in Deutschland, fällt sofort das Stichwort „Bürokratie“. Während man in der Ukraine mit seinem digitalen Pass, der digitalen Geburtsurkunde und der Gesundheitskarte unkompliziert durch den Alltag komme, müsse man in Deutschland doch einige Papierformulare ausfüllen und viele Wege von A nach B zurücklegen.
Alle Frauen haben für die Zeit nach dem Kurs eine Perspektive: Sie besuchen einen Integrationskurs des BAMF. Dr. Judith Lechner beim Abschied vom Stiftungsteam: „Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Heraeus Bildungsstiftung, die uns spontan und unbürokratisch ihren Schulungsraum für einen Erstorientierungskurs zur Verfügung gestellt hat. Unsere Teilnehmerinnen aus der Ukraine haben sich sehr wohlgefühlt. Besonders dankbar sind wir auch für die Großzügigkeit der Stiftung, die, als der Kurs aufgrund des Wegfalls des 9-Euro-Tickets auseinanderzufallen drohte, einsprang und die Fahrtkosten aller Teilnehmerinnen für zwei Monate übernahm. Dies hat den Kurs gerettet und den Frauen eine weitere Teilnahme ermöglicht. Wir danken der Heraeus Bildungsstiftung von Herzen für dieses einzigartige Engagement und freuen uns auf zukünftige Kooperationsmöglichkeiten.“