Aktuelles

Auf die pädagogische Haltung kommt es an: Interview mit Dr. Frank Becker

Artikel

Auf die pädagogische Haltung kommt es an

Dr. Frank Becker ist als stellvertretender Schulleiter seit 2017 Teil eines sechsköpfigen Schulleitungsteams an der Diltheyschule in Wiesbaden, einem humanistischen alt- und neusprachlichen Gymnasium mit ca. 1.150 Schülerinnen und Schülern. Er ist u. a. für den Stunden- und Vertretungsplan zuständig, verwaltet die verschiedenen Budgets der Schule und hat die Ausstattung der Schule im Rahmen des Medienentwicklungsplans bzw. des Digitalpakts koordiniert. Derzeit ist er mit einem Teil seiner Stunden an das Staatliche Schulamt in Wiesbaden abgeordnet.

Er hat sich für unsere Fragen zur Rolle von Schulleitung und zur hessischen Voramtsqualifizierung „QSH“ Zeit genommen.

Sie sind Mitglied eines Schulleitungsteams – welche Kernkompetenzen braucht ein Leitungsteam Ihrer Meinung nach an einer Schule heute? Welche Persönlichkeiten sind aus Ihrer Sicht gefragt?
Die Kommunikationsfähigkeit ist ganz entscheidend: Man muss Zwischentöne raushören können, aktiv zuhören, empathisch sein und auch Probleme bei Kolleginnen und Kollegen wahrnehmen können. Aber natürlich auch: die pädagogische Haltung. Natürlich müssen wir Themen administrativ und fachlich korrekt bearbeiten, aber zentral ist die Haltung: Sind mir die Menschen wichtig, die uns anvertraut sind? An der Schule geht es doch in erster Linie um die Kinder. Wir müssen versuchen, sie in ihrem Leben weiterzubringen. Dafür muss die Schulleitung die Weichen stellen und das kann sie nur, wenn sie die entsprechende Haltung hat. Die Konfliktfähigkeit ist auch wichtig. Man muss mit Widerstand und Kritik umgehen können und Konflikte über Kommunikation austragen. Weiterhin sollte eine Schulleitung in der Lage sein, mit den eigenen Ressourcen und denen des Kollegiums gut haushalten zu können.

Sie nehmen an der Voramtsqualifizierung „QSH“ für Schulleitungen teil – warum bringt Sie das weiter und woran merken Sie das bei Ihrer täglichen Arbeit?
Bei QSH bin ich in einem geschützten Rahmen im Austausch mit Menschen, die in einer ähnlichen Entwicklungsstufe sind wie ich – das habe ich sonst nicht. Auf diese Weise merke ich: Ich bin nicht allein mit meinen Fragen und das tut gut. Weiterhin kann ich durch die Rückmeldungen der Gruppe mein eigenes Handeln, Auftreten und meine Haltung reflektieren.
Im Alltag fühle ich mich jetzt schon versierter, beispielsweise bei herausfordernden Gesprächen, die ich im Schulamt mit besorgten oder aufgebrachten Anrufern führe. Übrigens war keine Weiterbildung zu Kommunikation, die ich gemacht habe, bisher so nachhaltig und gut.

QSH fand komplett virtuell statt – organisiert als Curriculum aus synchronen und asynchronen Bestandteilen und unterstützt durch eine Lernplattform. Wie hat diese Art der Weiterbildung für Sie „funktioniert“?
Es war unter den aktuellen Rahmenbedingungen das bestmögliche Modell. Die Technik hat funktioniert, das Material war gut. Wenn ich wählen dürfte, würde ich allerdings immer eine Präsenzveranstaltung vorziehen. Gerade bei Rollenspielen nehme ich online ja nicht die komplette nonverbale Kommunikation wahr. Ein weiterer, ganz entscheidender Unterschied: Der lockere Austausch abends, nach dem offiziellen Programm, fällt weg und somit auch die Möglichkeit, noch mal in einer anderen Atmosphäre ins Gespräch zu kommen.

QSH besteht aus fünf Modulen – Kommunikation, unterrichtswirksame Führung, Veränderungsprozesse, Schulbudget und Schulrecht. Die drei ersten haben Sie bereits absolviert. Welchem galt Ihr besonderes Interesse und warum?
Ganz klar: Kommunikation – denn sie ist die Basis für die anderen Themen. Ich muss gut kommunizieren können, um das Kollegium in einer Veränderung mitzunehmen oder unterrichtswirksam führen zu können.

Meine TOP-3-Erkenntnisse aus QSH sind …
1. Schulleiter zu werden, ist ganz schön schwer …,
2. … aber es ist zu schaffen.
3. Und: QSH hilft dabei! Überraschend war für mich, dass eine Weiterbildung zu schulrelevanten Themen wie z. B. Veränderungsprozessen auch oder vielleicht gerade mit schulexternen Trainerinnen und Trainern so wertvoll sein kann.

Wenn Sie sich noch ein sechstes Modul wünschen dürften – wie hieße es?
Es hieße in etwa „Konkretes Schulleitungshandeln“ und müsste ähnlich praxisorientiert sein, wie bei einer Schulleiterin oder einem Schulleiter zu hospitieren und ihnen über die Schulter zu schauen. Beispielsweise ist eine der zahlreichen Aufgaben, dienstliche Beurteilungen anlässlich einer Bewerbung oder der Verbeamtung auf Lebenszeit zu schreiben. Als ich das vertretungsweise zum ersten Mal machen musste, hatte ich keine Ahnung, wie das geht. Zum Teil hängt von solchen Beurteilungen aber viel ab, zum Beispiel bei Bewerbungen auf Funktionsstellen, da geht es um Lebenswege und Karrieren.

Interview: Valeska Falkenstein

Dr. Frank Becker, stellvertretender Schulleiter